GOI CONTINI REKORD

«Die Form der Streben hinten, wunderschön, oder? Und die profilierten Rohre. Ein echter Neo-Klassiker, eben auch wegen der Komponenten ...»


Die Globalisierung von Marken und Märkten wird aktuell mehrheitlich als ein neuzeitliches Phänomen wahrgenommen. Aus diesem vermeintlich richtigen Blickwinkel – und mit einer Prise Nostalgie versehen – könnte ein Goi Contini aus den späten 1980ern somit als schönes Exempel für ein hinsichtlich seiner Herkunft noch relativ einfach zu verortendes Produkt herangezogen werden – vor allem dann, wenn am sehr italienisch anmutenden Rahmen eine komplette Gruppe des schweizerischen Herstellers EDCO verbaut wurde. Tatsache ist jedoch, dass ein Goi Contini tatsächlich als eine Fünf-Nationen-Kooperation von mindestens ebenso vielen Marken angesehen werden muss.

Möglicherweise war es der italienische Radsportprofi Silvano Contini, der mit seinem Sieg an der Baskenland-Rundfahrt 1981 zum Namensgeber für eine Velomanufaktur avancierte, die in jener Zeit vom Nordspanier Rufino Hernáiz gegründet wurde und deren Produkte sich nur kurze Zeit später für wenige Jahre als «spanische Colnagos» im Topsegment der Velohersteller etablieren sollten. Schliesslich kamen für die sehr hochwertig anmutenden Goi Contini Rahmen die gleichen Rohrsätze von Columbus zum Einsatz, die auch am legendären Colnago Master zu finden waren – profiliert im Gilco-Design, das für mehr Steifigkeit der filigranen Stahlrohre und eine einzigartige Optik sorgen sollte.

Dass die Muffen und Ausfallenden der Contini-Rahmen unverkennbar vom Hersteller Cinelli stammten, trägt auch heute noch zur Legendenbildung bei: Arbeiteten bei der Firma in der autonomen baskischen Provinz Navarra billige Kopisten, die sich das Cinelli-Logo ebenso kurzfristig wie widerrechtlich angeeignet hatten? Oder bestand tatsächlich eine geschäftliche Verbindung zwischen Hernáiz und Cinelli, die beiden Seiten zu monetären Vorteilen verhalf?

Bei den Komponenten des in Fachkreisen hoch angesehenen Unternehmens EDCO, das im schweizerischen Kanton Neuchatel schon seit 1902 Veloteile produziert, verrät der genaue Blick auf die Details, dass es für einen Kleinhersteller bereits Anfang der 1980er wohl nur durch geschickte Zukäufe möglich sein konnte, eine komplette High-End-Gruppe für den Radrennsport anzubieten.

So handelte es sich bei der Schaltung der EDCO Competition Gruppe – die preislich noch oberhalb der Campagnolo Super Record Gruppe angesiedelt war – anfänglich um lediglich umbenannte Bauteile des französischen Produzenten Simplex, bevor sich EDCO dazu entschloss, die Spitzenkomponenten des deutsch-französischen Herstellers Sachs-Huret unter dem Dach der eigenen Marke zu vertreiben. Auch die Bremsentechnik wurde vom Nabenspezialisten EDCO zugekauft, allerdings innerhalb der eigenen Landesgrenzen vom Schauffhauser Unternehmen Weinmann, das für seine jahrzehntelange Erfahrung und als Erstausrüster anderer Marken bekannt war.

Das blaue Goi Contini Record der Staeger Collection ist somit trotz seines Alters ein zeitgemässes und rundum gelungenes Beispiel für ein europäisches Produkt, das auf einem modularen Baukastensystem aufbaut  – und es setzt neben seinem hervorragenden Zustand und der klugen Auswahl bester Komponenten mit einem geradezu trotzig autonomen Detail einen Kontrapunkt, der in dieser Form sonst nur noch an frühen Rahmen des Herstellers Vitus zu finden ist: der Befestigung der Sattelstütze.

Am baskischen Goi Contini wird die Sattelstütze entgegen aller konstruktionstechnischen Logik lediglich durch das senkrechte Eindrehen einer Madenschraube im Rahmen fixiert – was bei technisch versierten Velofans bis heute für heisse Diskussionen sorgt, auch weit ausserhalb Europas.